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Karl Wysocki, Diessenhofen, 1875 |
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Diessenhofer Photographensowie lokale Verlage/Verkaufsstellen von Ansichtskarten und erstes Kino Benon | Bernauer | Dobrzanski | Forrer | Giger | Grögli | Gubler-Fischer Haus «zur Höll» | «Photo-Atelier« Hauptstrasse | Erstes Kino «zum Widder» Welche Photographen haben in Diessenhofen gearbeitet? Welche Papeteristen taten sich in Diessenhofen als lokale Verlage bzw. Verkaufsstellen für Ansichtskarten oder möglicherweise sogar als Photographen hervor? Darüber ist bisher nur wenig bekannt. Deshalb wurde mit einer Literatur- und Internet-Recherche sowie anhand von Bildbelegen versucht, das vorhandene Wissen zusammenzustellen. Das Projekt befindet sich im Aufbau. Zahlreiche Hinweise und Bildbelege stammen aus folgenden Sammlungen: Weitere Erkenntnisse könnten sicher noch gewonnen werden, wenn weitere Quellen durchforstet würden. Insbesondere sind dies Adressbücher, Pfarrarchive und der «Anzeiger am Rhein», der von 1847 bis 2003 erschien. Um Hinweise nach Sammlungen und einzelnen Bildbelegen wird gebeten! Chronologische Übersicht der Photographen in DiessenhofenUm 1865: Jacques Küchlin (1820-1885) arbeitet als Photograph in Diessenhofen, Atelier unbekannt. Von 1867 bis 1878: Das Winterthurer Photogeschäft «M. Benon & Wysocki» unterhält eine Filiale in Diessenhofen im «Haus zur Höll» unter der Leitung von K. Wysocki (Lebensdaten unbekannt). Der polnische Emigrant Boleslas Dobrzanski senior (geboren 1843) ist ab 1875 sein Mitarbeiter. Um 1876: Karl Wagner (geboren 1847) arbeitet als Photograph in Diessenhofen, Atelier unbekannt. 1878 kauft Dobrzanski das Haus «zur Höll» und übernimmt irgendwann die Filiale von Benon und Wysocki in Diessenhofen, während Wysocki das Geschäft in Winterthur ohne Benon weiterführt. Wann genau der Name des Geschäftes in Diessenhofen von «M. Benon & Wysocki» in «K. Wysocki» und schliesslich in «B. Dobrzanski» geändert wird, ist unsicher (sicher vor 1884). Um die Jahrhundertwende: Kurz vor der Jahrhundertwende ist die Familie für einige Zeit in Kremenez in Russland (heute Ukraine), die Eltern sind aber spätestens Ende 1899 wieder in der Schweiz zurück, während die Söhne in Moskau den Beruf des Photographen erlernen. Um 1915 (spätestens 1918): Jules Grögli (Lebensdaten unbekannt) übernimmt das Atelier im Haus «zur Höll» und führt es unter seinem Namen (Boleslas Dobrzanski junior in Einsiedeln und Zug, Stanislaw Dobrzanski in Zug und Lugano). 1918: Die Dobrzanskis verkaufen das Haus «zur Höll». Um 1924: Otto Bernauer (Lebensdaten unbekannt) übernimmt das Photoatelier im Haus «zur Höll» von Jules Grögli und führt es bis er 1929, als er ein Photogeschäft in Luzern übernimmt. 1929-1939: Der Deutsche Max Seidel (1904-1993) kauft 1929 das Haus «zur Höll» und führt darin bis 1939 unter seinem Namen ein Photogeschäft. Daneben ist er als Photoreporter für die «Zürcher Illustrierte», die «Schweizer Illustrierte» und andere illustrierte Zeitschriften tätig. 1929-1934: Stanislaw Dobrzanski (geboren 1879) hat ein Photoatelier in Diessenhofen und eine Filiale in Stein am Rhein. Während dieser Zeit hatte es also zwei sich konkurrenzierende Photographen in Diessenhofen. Dobrzanskis Photoatelier befand sich wahrscheinlich an der Hauptstrasse im Haus «zum Rebstock». 1934 (oder später) bis 1950: Hans Giger (Lebensdaten unbekannt) betreibt sicher von 1944 bis Ende 1950 ein Photoatelier an der Hauptstrasse im Haus «zum Rebstock». Ob er dieses allenfalls bereits 1934 von Stanislaw Dobrzanski übernommen hatte, ist ungewiss. 1951 bis etwa 1956: In einem Inserat im «Anzeiger am Rhein» vom 27.3.1951 wirbt Marguérite Hadorn (Lebensdaten unbekannt) für das Photoatelier an der Hauptstrasse. Im Diessenhofer Telefonbuch 1957 ist sie nicht mehr verzeichnet. Diessenhofer Photographen in alphabetischer ReihenfolgeM. Benon und K. Wysocki (Lebensdaten unbekannt) betrieben in Winterthur an der Gärtnervorstadt 56 das Photogeschäft «M. Benon & Wysocki». Das Geschäft hatte ab 1867 in Diessenhofen eine Filiale im Haus «zur Höll», die von Wysocki geleitet wurde (Inserat vom 21.4.1872). Wysocki übernahm später das Geschäft von Benon und betrieb es allein unter dem Namen «K. Wysocki» weiter. Boleslas Dobrzanski senior arbeitete ab 1875 für M. Benon & Wysocki. 1878 kaufte Dobrzanski das Haus «zur Höll» und übernahm irgendwann die Filiale von Benon und Wysocki in Diessenhofen, während Wysocki das Geschäft in Winterthur ohne Benon weiterführte. Wann genau der Name des Geschäftes in Diessenhofen von «M. Benon & Wysocki» in «K. Wysocki» und schliesslich in «B. Dobrzanski» geändert wurde, konnte bisher nicht sicher geklärt werden (sicher vor 1884). Inserat im «Tageblatt des Kantons Schaffhausen» vom 21. April 1872 Diessenhofen von der deutschen Seite aus, 20,4 x 25,8 cm, um 1875; Kirche, Pfarrhaus und Haus «zum Schneggen», 27,2 x 20,0 cm, um 1880 Prägestempel auf den Unterlagskartons der beiden Aufnahmen
Unbekannter junger Mann mit Schnauz, Carte de visite, um 1880
Unbekannte Frau, Carte de visite, um 1880
Vier Kinder der Familie Durisch, Carte de visite, um 1880 In der Broschüre des Verkehrsvereins Diessenhofen «Diessenhofen und das ehemalige Kloster St. Katharinenthal» [7] aus dem Jahre 1929 sind einige Abbildungen mit «Bernauer» bezeichnet. Die Negative davon befinden sich heute in der Sammlung der Stadtgemeinde Diessenhofen. Die Bilder sind unten abgebildet, und die Bildlegenden sind im originalen Wortlaut gemäss [7] wiedergegeben. Zwei Ansichtskarten (Sammlung Dieter Fey und Privatsammlung), die leider nicht datiert sind, sind mit «O. Bernauer, Phot., Diessenhofen» bzw. «Photographie Otto Bernauer, Diessenhofen» bezeichnet. 1929 verkaufte Robert Gogel das Haus «zur Höll» an Max Seidel. Seidel übernahm dabei eine Diebstahl-Versicherungspolice von Otto Bernauer, die dieser auf 10 Jahre abgeschlossen hatte, die aber noch nicht abgelaufen war. Damit wissen wir, dass Bernauer sein Photoatelier im Haus zur Höll hatte und somit der Vorgänger von Seidel war. Wegen der 10-jährigen Laufzeit der Versicherungspolice wissen wir weiter, dass er sein Geschäft deutlich weniger als 10 Jahre in Diessenhofen hatte. Da gemäss Brandkataster [10] das Haus 1924 eine grössere Wertsteigerung infolge «Einbau eines Photoateliers» erfuhr, war der Übergang von Grögli auf Bernauer wohl 1924. Gemäss [4] übernahm Bernauer 1929 das Photogeschäft von Caspar Hirsbrunner in Luzern. Rhein von der Schifflände aus, 13 x 18 cm,1929 oder davor Untere Mauer, 13 x 18 cm, 1929 oder davor Rathaus [vorne] und Oberhof [hinten], 13 x 18 cm, 1929 oder davor St. Katharinenthal von Westen, 13 x 18 cm, 1929 oder davor Gasthaus Löwen, Ansichtskarte, um 1929 Holztransport vor «Restaurant zur Linde» und «Droguerie z. Klopfer», Die Photographendynastie der Dobrzanskis Die Photographendynastie der Dobrzanskis umfasst folgende Personen: Mindestens zwei Dobrzanskis waren längere Zeit in Diessenhofen tätig: Boleslas Dobrzanski senior von 1875 bis spätestens 1918 sowie Stanislaw Dobrzanski von 1929 bis 1934. Gemäss [6] wanderte die Familie noch vor der Jahrhundertwende nach Kremenez in Russland (heute Ukraine) aus. Diese «Auswanderung» war wohl eher von kurzer Dauer und betraf möglicherweise nicht die ganze Familie. Die Eltern waren spätestens Ende 1899 wieder in der Schweiz zurück, während die Söhne in Moskau bei Andrejewicz Karl Fischer (1859-1923) den Beruf des Photographen erlernten. Die Söhne waren unter anderem in Zug tätig: Stanislaw Dobrzanski von 1907 bis 1922, Boleslas Dobrzanski junior von 1922 bis zu seinem Tod 1932 und dessen Frau Maria Dobrzanski-Stark von 1922 bis 1944. Die Tätigkeit der Dobrzanskis in Zug ist in «Der Kanton Zug und seine Fotografen 1850-2000» [6] dokumentiert. Verschiedene Dokumente zeigen, dass Boleslas Dobrzanski junior 1907 aus Moskau zurückkehrte und dann bis 1922 in Einsiedeln arbeitete. Stanislaw Dobrzanski war von 1922 bis 1929 (und wohl auch wieder nach 1934) in Lugano tätig. >>> Die Photographendynastie der Dobrzanskis (eigene Seite) Boleslas Dobrzanski, der Begründer der Photographendynastie im Jahre 1875 Hans Giger betrieb gemäss Diessenhofer Adressbuch 1947 ein Photoatelier an der Hauptstrasse 22 (zuvor mit Assekuranznummer 102, heute Basadingerstrasse 1, auch «zum Rebstock»); ob er dieses bereits 1934 von Stanislaw Dobrzanski übernommen hatte, ist ungewiss. Aufgrund einer Phototasche, betrieb er bereits 1944 je ein Geschäft in Diessenhofen und in Schaffhausen. In einem Inserat im «Anzeiger am Rhein» vom 27.3.1951 warb aber seine Nachfolgerin, Marguérite Hadorn für das Photoatelier in Diessenhofen. Im Diessenhofer Adressbuch 1952 erscheint denn auch anstelle von Giger seine Nachfolgerin. Gemäss Schaffhauser Adressbuch 1952 betrieb Giger sein Photogeschäft an der Unterstadt 17 in Schaffhausen weiter. Phototasche von Hans Giger,
Familie Brändle, rechts Otto Brändle, von Beruf Coiffeur, Gasthof zum Löwen, Ansichtskarte, um 1950 Klassentreffen des Jahrgangs 1887, 14,7 x 21,5 cm, 1950 oder davor; Prägestempel des Photographen, handschriftliche Signatur und
darunter «Schaffhausen und Diessenhofen». Zum Aufnahmestandort: Hinter dem dichten Blattwerk ist das Dach der Pausenhalle und ein
Fenster vom Primarschulhaus zu sehen. Somit ist das ganze Schulhaus hinter den
Bäumen versteckt, und die abgebildete Steintreppe ist auch heute noch
unverändert an der Grabenstrasse erhalten. Der Dachgiebel neben der links
aussen stehenden Person in der obersten Reihe kann eigentlich nur das
abgerissene alte Postgebäude sein. (Sammlung Dieter Fey, Schaffhausen) Aufgrund des Hintergrundes zahlreicher Photographien von Jules Grögli (siehe Vergleichsbilder) kann angenommen werden, dass Jules Grögli um 1915 (spätestens 1918) das Photogeschäft in Haus «zur Höll» von den Dobrzanskis übernommen hatte. Ausserdem wurde eine Aufnahme von Boleslas Dobrzanski senior in den 20er Jahren von Grögli erneut abgezogen, er war also im Besitz des Negativs. Als Robert Gogel das Haus «zur Höll» 1929 an Max Seidel verkaufte, übernahm Seidel eine Diebstahl-Versicherungspolice von Otto Bernauer. Damit wissen wir, dass auch Bernauer sein Photoatelier im Haus zur Höll hatte. Da das Haus gemäss Brandkataster [10] 1924 eine grössere Wertsteigerung infolge «Einbau Photoatelier» erfuhr, könnte Jules Grögli zu diesem Zeitpunkt das Atelier an Bernauer übergeben haben.
Unbekannte ältere Frau, Carte de visite, um 1915 Gasthof zum Falken, Ansichtskarte, gelaufen 1917 Dörflingen, Wirtschaft zum Gemeindehaus, Ansichtskarte, Hochzeit Otto und Martha Brändle, 10,6 x 15,1 cm (Abzug), 1925 Die einzige Photgraphin, die bisher in Diessenhofen tätig war, ist Marguérite Hadorn. Sie übernahm das Photoatelier von Hans Giger an der Hauptstrasse 22 (zuvor mit Assekuranznummer 102, heute Basadingerstrasse 1, auch «zum Rebstock») wohl anfangs 1951 (Inserat im «Anzeiger am Rhein» vom 27.3.1951). Im Diessenhofer Adressbuch 1952 erscheint sie anstelle von Giger, und im Adressbuch 1957 ist sie nicht mehr verzeichnet. Dies stimmt mit den Auskünften verschiedener Zeitzeugen überein, dass Frau Hadorns Photogeschäft nur wenige Jahre bestand, demnach also von 1951 bis 1956. Inserat im «Anzeiger am Rhein» vom 27. März 1951 Phototasche von Marguérite Hadorn, um 1952 Restaurant Casino, Ansichtskarte, gelaufen 1953
Ansichtskarten-Serie «Diessenhofen TG», um 1955 Jacques (oder Jakob) Küchlin ist vor allem als Landschaftsmaler bekannt in der Art der Bleuler-Schule auf Schloss Laufen. In einem Inserat von 1861 verkündete er, dass er zukünftig auch als Photograph tätig sein werde. Auch im Adressbuch der Stadt und des Kantons Schaffhausen von 1865 ist er ausdrücklich als «Photograph» eingetragen. Kunsthistorisch von Bedeutung ist der Photo-Beweis, dass er tatsächlich als Photograph tätig war. Rheinfall im Mondenschein, Gouache, 38 x 55 cm, um 1870 Inserat vom 1. August 1861 Eintrag im Adressbuch der Stadt und es Kantons Schaffhausen von 1865
Unbekannte Mutter mit Kleinkind, Carte de visite, um 1865 Max Seidel Seidel wurde am 1. Januar 1904 in Plaue (Sachsen) geboren. Im März 1929 erwarb er von Robert Gogel das Haus «zur Höll» und übernahm das darin befindliche Photogeschäft von Otto Bernauer. Im Juni 1929 bekam er die Niederlassungs-Bewilligung in Diessenhofen. Neben seiner Tätigkeit als Photograph war er auch als Photopeporter tätig. Zusammen mit Paul Senn, Hans Staub und anderen gehörte er ab 1931 zum Photographenstab der «Zürcher Illustrierten» von Conzett & Huber, die von Arnold Kübler geleitet wurde. Auch in anderen Zeitschriften erschienen seine Reportagen: in den «Wochen-Blättern» von Conzett & Huber, in der «Sport Illustrierten» von Birkhäuser und in der «Schweizer Illustrierten» von Ringier. Kurz vor Ausbruch des Zweiten Welkriegs zog er mit seiner Familie nach Mittenwald (Bayern), wo er am 12. April 1993 im hohen Alter starb. >>> Der Bildberichter Max Seidel (eigene Seite) Selbstporträt von Max Seidel aus der Zeit in Diessenhofen Ein Karl Wagner hatte auch ein Photoatelier in Schaffhausen (Mitteilung Osric Boland, Neuhausen [5]). Es ist davon auszugehen, dass es sich um die gleiche Person handelt; es stellt sich aber die Frage, welches Atelier zuerst eröffnet wurde. Biographische Angaben zum offenbar nicht sehr geschäftstüchtigen Photographen sind in der Schaffhauser Mappe 1982 zu finden. Biographische Angaben zu Karl Wagner in: Schaffhauser Mappe 1982
Unbekannter junger Mann mit Bart, Carte de visite, um 1876 K. Wysocki Siehe unter «M. Benon und K. Wysocki» In der Broschüre des Verkehrsvereins Diessenhofen «Diessenhofen und das ehemalige Kloster St. Katharinenthal» [7] aus dem Jahre 1929 ist eine Abbildung mit «W. Zimmermann» bezeichnet. Dabei könnte es sich um einen Sohn des Papeteristen L. Zimmermann handeln (siehe dort). Inneres der Klosterkirche, 18 x 13 cm, 1929 oder davor Verlage/Verkaufsstellen für Ansichtskarten(in alphabetischer Reihenfolge) Die nachfolgenden Daten wurden von Dieter Fey, Schaffhausen, aufgrund seiner Sammlung zusammengestellt. Carl Forrer (1843-1927): Buchdruckerei/Verlag im Haus zum Schneggen, früheste Ansichtskarte von 1898. Die Druckerei von Carl Forrer im Haus zum Schneggen, um 1900. E. Gubler-Fischer: Papeterie, früheste Ansichtskarte von 1911. A. Hauser-Sunier: Buchbinderei und Papeterie, früheste Ansichtskarte von 1932. August Herzog: Verlag, Ansichtskarte um 1930. Martin Hiermeyer: Papeterie, Sohn von W. Hiermeyer, früheste Ansichtskarte von 1903. W. Hiermeyer: Papeterie, Vater von Martin Hiermeyer, früheste Ansichtskarte von 1905. Auf einer Postkarte, die am 4.4.1901 gelaufen ist, ist die Handlung von Hiermeier abgebildt. Sie scheint mit der Gemischtwarenhandlung von Jakob Vetterli (siehe weiter unten) an der Hauptstrasse 41 identisch zu sein. Demnach wäre Hiermeier der Vorgänger von Vetterli. (Photobibliothek.ch 16290) J. Keller: Drogerie Villa Rosenheim, obere Bahnhofstrasse, früheste Ansichtskarte von 1905. Jakob Vetterli: Gemischtwarenhandlung, Hauptstrasse 41, früheste Ansichtskarte von 1916. Die Papeterie bestand bis ca. 1990. Adolf Eichenberger schreibt über Jakob Vetterli in seinen Erinnerungen [8]: «Er war ein guter Hobbyphotograph. Ich erinnere mich noch gut, wie er seine Photos in Holzrähmchen im Schaufenster gegen die Hauptstrasse durch die Sonne kopieren liess.» Es ist also durchaus möglich, dass Jakob Vetterli auch eigene Photos als Postkarten verkaufte. Die Gemischtwarenhandlung von Jakob Vetterli an der Hauptstrasse 41, Ausschnitt aus einer Ansichtskarte, nach 1914. Johann Vorster senior (1862-1947): Buchbinderei und Papeterie, Hauptstrasse 23 (Haus «zum Frieden»). Das Haus kaufte Johann Vorster 1908 dem Uhrenmacher Johann Adolf Hanhart ab, der in die süddeutsche Uhrenhochburg Schwenningen auswanderte (Kaufvertrag heute im Besitz des Enkels Hanns Vorster). Dort baute er eine erfolgreiche, noch heute bestehende Uhrenmanufaktur auf. 2008 wurde die Hanhart AG gegründet, deren Geschäftssitz sich bis 2013 an der Hauptstrasse 17 befand. Adolf Eichenberger schreibt über Johann Vorster senior in seinen Erinnerungen [8]: «Schon damals, es waren die Jahre 1900 bis 1910, konnte man in seinem Laden Ansichtskarten von Diessenhofen kaufen, auf denen Visionen dargestellt waren, wie sich die Stadt in der Zukunft präsentieren sollte. Auf diesen Karten waren Automobile, Motorräder, Flugzeuge, Zeppeline und sogar eine Trambahn abgebildet. Diese Zukunftsträume haben sich bis auf das Tram alle bewahrheitet, und ich denke auch nicht, dass wir befürchten müssen, diese schienengebundenen Verkehrsmittel durch unsere Strassen rollen zu sehen.» Erkennbar an der Taschenuhr das Uhrengeschäft von Hanhart, welches Vorster senior 1908 kaufte (heute linker Teil der Bäckerei Strasser); Papeterie Vorster (heute linker Teil der Bäckerei Strasser), Johann Vorster junior (1903-1989): Sohn von Johann Vorster senior (siehe dort). Er führte das Geschäft bis 1957 weiter. Ludwig (auch Louis) Zimmermann: Verlag, früheste Ansichtskarte von 1897. Der Photograph W. Zimmermann (siehe dort) ist möglicherweise sein Sohn. Die Photographie-Anstalt im Haus «zur Höll»Heute Rathausgasse 20 Das Photoatelier der Dobrzanskis – oder die «Photographie-Anstalt», wie es meist in der Firmenbezeichnung heisst – befand sich im Haus «zur Höll» an der Rathausgasse 20. Auf Aufnahmen, die zu verschiedenen Zeiten vom deutschen Ufer aus aufgenommen wurden, ist das Haus gut erkennbar. In welchem Zeitraum der Schriftzug «Photographie» auf der Fassade die Schiffs-Touristen empfing, ist nicht geklärt. Folgende Eigentümerwechsel und grossen Wertsteigerungen werden verzeichnet (Brandkataster zitiert gemäss [10] sowie Nachforschungen im Nachlass von Max Seidel [11]): Nach den bisherigen Erkenntnissen ergibt sich der folgende zeitliche Ablauf der Betreiber des Photoateliers:
Ausschnitt aus der Photographie «Diessenhofen von der deutschen Seite aus» von 1875 von M. Benon und K. Wysocki (siehe dort). Der Anbau mit dem Photoatelier ist an den grossen Dachfenstern gut erkennbar. (Sammlung Dieter Fey, Schaffhausen) Ausschnitt aus einer Ansichtskarte um 1930: Der Anbau mit dem Photoatelier sieht noch gleich aus, aber der Anbau links wurde durch ein neues Wohnhaus ersetzt. Neu prangt jetzt der Schriftzug «Photographie» auf der Fassade und empfängt die Schiffs-Touristen in Diessenhofen. (Sammlung Dieter Fey, Schaffhausen) Das Haus wurde bis heute nur wenig verändert, einzig der Vorbau mit dem Photoatelier wurde abgerissen (Photo 2011) Diese Aufnahme, die 1910 in der Zeitschrift «Schweizerfamilie» erschien, zeigt das Haus mit dem Photoatelier von Osten. Das neue Wohnhaus ist noch nicht gebaut. Die Photographie ist von Boleslas Dobrzanski junior, Einsiedeln. Ansicht des Hauses um 1935 von der Rathausgasse her gesehen
Situation heute (Photo 2014) Das «Photo-Atelier» an der HauptstrasseRebstock, Hauptstrasse 102 (Assekuranznummer), Hauptstrasse 22, heute Basadingerstrasse 1 Im Haus an der Ecke Hauptstrasse/Basadingerstrasse befindet sich heute ein Blumengeschäft. Über dem Geschäft ist aber noch der Schriftzug «PHOTO-ATELIER» erkennbar. Wer betrieb hier wann ein Photogeschäft? Folgende Eigentümerwechsel werden im Brandkataster verzeichnet (zitiert gemäss [10]): Unter den Hauseigentümern ist leider kein Photograph zu finden. Somit waren die Betreiber des Photoateliers nur zur Miete. Stanislaw Dobrzanski (geboren 1879) hatte sicher von 1929 bis 1934 ein Photoatelier in Diessenhofen und eine Filiale in Stein am Rhein. Da jetzt Max Seidel sein Geschäft im Haus «zur Höll» hatte, musste Dobrzanski sein Geschäft an einem anderen Ort eingerichtet haben. Möglich ist, dass er als Erster sein Photoatelier im Haus «zum Rebstock» an der Hauptstrasse hatte. Auf zwei Postkarten, die 1928 und 1933 gelaufen sind, steht auf dem Firmenschild aber noch «A. Weber-Rauch Modes» (diese können aber auch vor 1928 aufgenommen worden sein). Sicher betrieb Hans Giger gemäss Diessenhofer Adressbuch 1947 hier ein Photoatelier. Ob er dieses bereits 1934 von Stanislaw Dobrzanski übernommen hatte, ist ungewiss. Aufgrund einer Phototasche, betrieb er 1944 je ein Geschäft in Diessenhofen und in Schaffhausen. In einem Inserat im «Anzeiger am Rhein» vom 27.3.1951 warb aber seine Nachfolgerin, Marguérite Hadorn für das Photoatelier in Diessenhofen. Im Diessenhofer Adressbuch 1952 erscheint denn auch anstelle von Giger seine Nachfolgerin. Gemäss verschiedenen Zeitzeugen bestand Hadorns Photogeschäft nur kurze Zeit, etwa von 1951 bis 1956, im Diessenhofer Adressbuch 1957 ist sie jedenfalls nicht mehr verzeichnet. Postkarte gelaufen 1928 (Ausschnitt): Auf dem Firmenschild kann man noch «A. Weber-Rauch Modes» lesen. (Sammlung Dieter Fey, Schaffhausen) Postkarte gelaufen 1933 (Ausschnitt): Auf dem Firmenschild steht wahrscheinlich immer noch «A. Weber-Rauch Modes"», aber das Bild kann selbstverständlich vor 1933 aufgenommen worden sein. (Sammlung Dieter Fey, Schaffhausen) Das heutige Blumengeschäft an der Ecke Hauptstrasse/Basadingerstrasse mit der Beschriftung «PHOTO-ATELIER» (Photo 2009) Das erste Kinotheater im Haus «zum Widder»Heute Obertor 6 Die Erinnerungen von Adolf Eichenberger [8] sind eine wahre Fundgrube. Auch zum ersten Kinotheater in Diessenhofen schreibt er: «Anfangs der 20er Jahre wurden die Parterreräume [des Hauses "zum Widder"] zum ersten "Kulturtempel" der Stadt. Denn Karl Hugi und F. Schaffner haben darin das erste Kinotheater eigerichtet und brachten uns so Hollywood, Amerika und die UFA Berlin mit ihren Stummfilmen näher. In diesem hübsch eingerichteten Raum sahen wir sie, die ersten Weltstars auf der Leinwand. Wir Jungen schwärmten damals natürlich für diese Stars und Sternchen. Um nur einige zu nennen: Henny Porten, Mia May, Gloria Swanson, die Barrymore's aus Amerika, Harry Piel aus Hamburg und wie sie alle geheissen haben mögen. [...] Es gab auch Monumentalfilme zu sehen, wie "Ben Hur", "Das Leben des Jesus Christus", "Die Nibelungen", "Quo Vadis", "Peritas Vincit – Die Wahrheit siegt" und noch manche andere. [...] Die Begleitmusik für die damalige Flimmerleinwand besorgte meisterhaft der Klavierspieler Fibig, der Wirt des Restaurants "Steinegg". [...] Das Kinotheater verschwand nach einigen Jahren, zum Leidwesen von uns allen, wegen mangelnder Rendite.» Ein weiterer Zeitzeuge berichtet, dass es noch einen anderen Pianisten gab, der die Stummfilme begleitete – den Postbeamten Gustav Wyler, der an der Grabenstrasse wohnte. Das Haus «zum Widder» (heute Obertor 6) Referenzen[1] Dieter Fey / Simon Netzle: Diessenhofen in Ansichtskarten. Diessenhofen, 2007. [2] >>> Historisches Lexikon der Schweiz: http://www.hls-dhs-dss.ch/ [3] >>> Latschari-Platz: http://www.latschariplatz.com/ [4] >>> fotoCH: http://www.foto-ch.ch/ [5] >>> Sammlung Osric Boland, Neuhausen: http://photohistory.ch/ [6] Hermann Steiner: Der Kanton Zug und seine Fotografen 1850-2000. Rotkreuz: Zürcher Druck + Verlag AG, 2000. (S. 27-29 über die Dobrzanskis.) [7] Orts- & Verkehrsverein Diessenhofen (Hrsg.): Diessenhofen und das ehemalige Kloster St. Katharinenthal. Diessenhofen, 1929. [8] Adolf Eichenberger: Erinnerungen. Die Stadt Diessenhofen, wie sie sich kurz nach der Jahrhundertwende präsentierte. Zusammengestellt von Erich Milz. (Wurde im «Anzeiger am Rhein» in XV Folgen vom 26. August bis 21. Oktober 1977 publiziert.) [9] >>> Sammlung Stephan Keller, Zürich: http://www.fotovisit.ch [11] Nachlass von Max Seidel, verwahrt durch seine Enkelin, Martina Geissler-Mack, in Stuttgart. [12] Markus Schürpf: Zug im Bild. Streifzug durch 150 Jahre Zuger Photographiegeschichte. In: Tugium 28/2012, S. 83-128. [13] Hans Rudolf Gabathuler und Jan Zielinski: Dynastia Dobrzanskich, fotografow w Szwajcarii [Dynastie Dobrzanski, Photographen in der Schweiz]. Anlässlich der Tagung: Fotoesej - Testowanie granic gatunku; Uniwersytet Kardynala Stefana Wyszynskiego w Warszawie; 18. marca 2016. [14] Fotoesej. Testowanie granic gatunku. Pod redakcja Brygidy Pawlowskiej-Jadrzyk i Marcina Jewdokimowa. Warszawa: Wydawnictwo Naukowe Uniwersytetu Kardynala Stefana Wyszynskiego 2016. – S. 97-122: Hans Rudolf Gabathuler und Jan Zielinski: Dynastia Dobrzanskich, fotografow w Szwajcarii.
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